Tropische Lagunen und Puzzleteile
Im Südwesten der Alb, bei Nusplingen, ist ein seltener geologischer Schatz aus dem Jurameer erhalten: Die Nusplinger Plattenkalke. Sie sind in regelmäßigen und nur wenige Zentimeter dicken Lagen übereinander geschichtet. Jede Lage repräsentiert den Meeresboden zu einem bestimmten Zeitabschnitt samt den Tieren, die zu dieser Zeit verstorben und auf den Grund gesunken sind.
Die atemberaubend detailreiche Erhaltung der Fossilien ist auf eine Kombination aus günstigen Ablagerungsbedingungen zurückzuführen: Zum einen feinen Kalkschlamm, der die filigransten Strukturen nachzeichnete, zum anderen ein Mangel an Sauerstoff, der die Verwesung von organischem Material behinderte. Dazu kam noch kaum Wasserbewegung am Meeresboden, sodass selbst Kothäufchen und Bewegungsspuren im Schlamm erhalten blieben. Deshalb sind die Nusplinger Plattenkalke mit ihrem außergewöhnlichen Reichtum an Fossilien so wertvoll für die wissenschaftliche Forschung und weltberühmt.
Wie bei einer Zeitreise lassen die Erkenntnisse aus dieser Forschungsarbeit die Landschaft und Tier- und Pflanzenwelt vor rund 150 Millionen Jahren, der Zeit des Oberen Juras, auferstehen: Im Gebiet des heutigen Nusplingen erstreckte sich eine tiefe tropische Lagune von rund 1,5 Kilometer Größe. In ihr lebten Tiere wie Ammoniten, Garnelen, Krebse, Meereskrokodile und Fische, wie die haiartigen „Meerengel“ oder Quastenflosser. Auf Inseln wuchsen Farne und Nadelbäume, über die Wasseroberfläche schwirrten Insekten, wie zum Beispiel fünfzehn Zentimeter große Riesenlibellen und am Himmel schwebten Flugsaurier…
Jeder Fund steuert ein kleines Puzzleteil zur Geschichte eines Fundorts bei - und manchmal auch zum Verständnis der Erdgeschichte. Winzige Fundstücke können wichtige Erkenntnisse liefern, wie beispielsweise eine 2009 hier gefundene nur acht Millimeter große Feder. Sie ist möglicherweise die älteste erhaltene Feder der Welt und stammt von einem Saurier.
Leider verliert ein besonderes Fossil, das aus dem Zusammenhang seiner genauen Fundsituation gerissen wird, seine Aussagekraft und seinen wissenschaftlichen Wert. Wie ein einzelnes Puzzleteil, das man nach Jahren zufällig in einer Schublade findet, nachdem das Puzzle schon nicht mehr existiert. Zufällige Entdeckungen von außergewöhnliche Fossilien entlang des Wanderwegs sollten deshalb im Naturkundemuseum Stuttgart gemeldet werden. Unsere Bildergalerie zeigt Funde aus Nusplingen, sie können zum Vergleich und als Bestimmungshilfe genutzt werden.
Impressionen
-
© Günter SchweigertTropische Lagunen und Puzzleteile
-
© Annette Schmid-RöhlAmmonit (Silicisphinctes)
-
© Günter SchweigertFeinverzweigte Mineralausblühungen (Dendriten). Diese Bildungen sind keine Fossilien.
-
© Günter SchweigertGarnele (Antrimpos) - alle Funde von Krebstieren müssen gemeldet werden.
-
© Günter SchweigertTintenfisch mit Weichteilerhaltung (Funde mit Weichteilerhaltung müssen gemeldet werden).
-
© Günter SchweigertAmmoniten Kotschnur (Lumbricaria intestinatum)
-
© Günter SchweigertTeil eines Ammoniten (Lamellaptychus). Er wird als Teil des Kiefers gedeutet.
-
© Günter SchweigertSeeigel mit Stacheln (Funde von Stachelhäutern wie Seeigeln oder Seelilien sollten gemeldet werden).
-
© Günter SchweigertSpeiballen mit erkennbaren Seeigelresten (solche außergewöhnlichen Funde sind sehr wertvoll für die Wissenschaft und sollten immer gemeldet werden).
-
© Günter SchweigertLandpflanze (Funde von fossilen Landpflanzen sind meldepflichtig).
-
© Günter SchweigertHaizahn
-
© GuenterSchweigertMeerengel. Diese Haiart gehört zu den berühmtesten Funden aus Nusplingen.